Von Dietmar Wuksch: Betrachtung des Niveaus der ICE-Liga; Vergleich mit den zweiten Ligen in Top-Nationen. Ruf nach flexiblen B-Lizenzen für Österreichs Top-Talente.
Niveau der ICEHL hinkt hinterher
Die Liga ist objektiv bewertet keinesfalls auf dem Niveau der ersten Ligen in der Schweiz, Deutschland, Tschechien. Es scheint eher, dass der Abstand größer wird und dass von hinten England und Polen zum Überholen ansetzen.
Österreich muss vor allem im Unterhaus (Ligen 2 und 3) effizienter werden, um das A-Niveau der Nachbarländer zu halten. Hier einige Vorschläge, damit vor allem die High Potentials der Nachwuchsspieler gefördert werden bei Stärkung ihrer persönlichen Rechte.
B-Lizenzen flexibler gestalten
Konkret könnte mit B-Lizenzen flexibler und langfristiger umgegangen werden. Ein Nachwuchsspieler muss pro Saison auf 35-50 Einsätze kommen, das lernen wir von unseren großen Nachbarn.
Vereine wie Asiago, Vorarlberg, auch Villach etc. würden in Deutschland und Schweiz natürlich nur in der 2. Liga spielen und dort vermutlich nur im Mittelfeld. Übrigens betrifft das auch das Budget wie auch die Infrastruktur (leidige Thema: Hallen in Österreich)
AHL Ausstieg von KAC und Lustenau
Für die Alps Hockey League gibt es viele offene Fragen. Der internationale Charme ist sehr gut, jedoch sind die Reisekosten für die Vereine und die jungen Spieler, die maximal Halb-Profis sind, zu hoch. Zuletzt bestätigten Lustenau und das Farmteam KAC, dass sie 24/25 nicht mehr mitspielen. Das Eishockey in Österreich braucht also andere Lösungen. Über diese Lösungen wird dieser Tage bei einem Treffen der AHL-Funktionäre beraten.
Wir hatten auf dieser Plattform andererseits schon dokumentiert, dass es sehr viele und gute Vereine auf drittem Niveau gibt, also Kapfenberg, oder WEV, Steindorf, Althofen, Wattens, Hohenems, um einige Vereine zufällig als Stellvertreter zu nennen.
FALLBEISPIEL ZNAIM: immer im Playoff der ICE. In Tschechien, mit guter Organisation und trotz Ehrgeiz nun knapp aus zweiter (!) Liga abgestiegen.
Interessant ist es, wie es dem Aussteiger aus der EBEL, Znaim, in Tschechien erging. Die Südmähren waren bekanntlich eher im Disput aus der ICE gegangen, weil Verhandlungen über einen Rabatt (das Anliegen war nicht ganz unverständlich) zur Liga-Lizenz scheiterten. Die Znaimer bekamen weder in Tschechien noch in Österreich eine staatliche Covid-Förderung in der Pandemie, gerieten so in Probleme und wollten eine Unterstützung/Ausnahme der Liga.
Die Znaimer konnten hierauf zwar in der dritten Liga (es gibt es 2 Regionen im eishockeyverrückten Tschechien) recht klar aufsteigen. Aber die zweite Liga (Chance Liga) in Tschechien ist so stark, dass für Znaim 23/24 wieder der Abstieg kam.
Freilich sparen sie bei Kanadiern etc., aber der Kern der Mannschaft wurde weiterentwickelt und sie haben hervorragenden Nachwuchs.
Tabelle Ende Grunddurchgang Tschechien 2. Liga (Chance). Eine beinharte Ausbildungsliga mit Profimodus. Man beachte die 52 Spiele (!) im Grunddurchgang. Die Znaimer haben es versucht, und sind in dieser Saison gescheitert.
Sicherlich kann jedes Teams aus dieser tschechischen Liga sofort in der ICE Schritt halten, vor allem, wenn sie noch 3, 5 oder gar 10 Billiglegionäre kaufen, wie es in der ICE eben üblich ist (was Znaim in dieser Quantität nie tat).
Kooperation Österreichs mit Tschechien
Eine Kooperation Österreichs mit Tschechien hätte immer Sinn, das weiß jeder Eisläufer, wenn er mal ein Skill-Training nach tschechischer Schule mitgemacht hat. Ob es eine Renaissance der Südmähren in der ICE geben kann, müssen Insider der Liga beurteilen.
Eine Zusammenarbeit mit einer Eishockey-Akademie Österreichs oder dem Verband Niederösterreich würde jedenfalls Sinn ergeben.
Denn komischerweise gibt es in Österreich nördlich der Donau keinen guten Club, dort leben aber noch einige Millionen Menschen (weder in Oberösterreich noch in Niederösterreich wird nördlich der Donau Profi-Eishockey gespielt. Gmunden als zweiter großer Club in Oberösterreich ist auch sehr weit südlich)
Sportliche Einordnung der ICEHL im Vergleich zu Top-Nationen
Die ICE steht sportlich irgendwo im „1,5 Bereich“ also DEL vs DEL2, Schweiz NLA vs. NL2, Tschechien ELITE vs Chance usw. Eine 7-Serie gegen einen A-Club aus DEL oder Schweiz (auch gegen vermeintlich schwache wie Kloten oder Rapperswil-Jona) würden KAC, Bozen oder Salzburg in 95 % der Fälle verlieren, so ehrlich muss man sein. Das ist nochmals ein anderes Niveau, auch an Härte und Schnelligkeit.
Faktisch werden die Topteams in der ICE weniger. Es ist ja schön, wie klar der KAC heuer den Grunddurchgang gewinnt, aber das liegt auch an der Schwäche der anderen.
Bozen ist deutlich schwächer als in der Hochzeit sagen wir 2019. Red Bulls genauso. Eine große Halle wird in München gebaut, man wird sehen, was das für die Gesamtorganisation des erfolgreichen Red Bull Konzerns bedeutet (siehe Fußball: Leipzig und Salzburg).
B-Lizenzen für Nachwuchs-Spitzensportler, um Anzahl der Spiele zu erhöhen
Warum gibt es keine Talente mehr, die, wie vor 20 Jahren ein Dieter Kalt oder Thomas Koch oder vorher Tommy Cijan, mit 16 spätestens in die Bundesliga wechseln und wirklich schnell zu Führungsspielern und Stars (auch für das Nationalteam) werden. Woran liegt das wirklich? Eine einfache logische Erklärung gibt es nicht.
Offensichtlich ist die Ausbildung so kompliziert und komplex (auch rechtlich bürokratisch) geworden, dass viele auf der Strecke bleiben, zuerst die Eltern, denen das Geld und das Budget oder die Nerven ausgehen.
Es gibt diese hochtalentierten Spieler, die spätestens in der U14 endgültig auffallen. Und für die Eltern nicht selten sehr viel Geld und vor allem Zeit investieren, damit die Spieler genügend Einsätze bekommen.
Nennen wir die besten unter ihnen „Rookies“, sportfachlich und einsatzmäßig sind das zumindest ab der U17 Spitzensportler. Wichtig wäre in unserem Sinne (auch die Rechte und das Engagement der Eltern wahrend), dass sie selbst möglichst lange alle Sportrechte behalten und weiter in der Obhut der Eltern und der Familie bleiben, was definitiv gesünder ist.
Vergleichen wir diese Spitzensportler mit den Alterskollegen in der Schweiz oder Tschechien, dann sollten sie zumindest in der U20 auf 35-50 Kampfspiele kommen, nochmals ein Blick auf das Fallbeispiel Tschechien.
Die Topvereine wie KAC oder Salzburg bieten kaum Platz für genügend Spieler, das ist auch verständlich und es gibt genügend Spätzünder, die erst später richtig erfolgreich werden. 18 Spiele in der AHC Division I Kärnten reichen nicht, so enthusiastisch diese Liga auch ist, es bleibt Amateursport auf einem gewissen Level des Leistungssports (aber eben nicht Spitzensport).
Ein einfaches Modell wäre, dass diese Spieler, insbesondere für die Torleute ist, das absolut sinnvoll, Spiellizenzen für 2 Vereine bekommen, also die berühmte B-Lizenz (also z.B. Kärnten Division I und eine U20 Bundesliga). Freilich erfordert das sehr viel Einsatz des Spielers und seiner Eltern, Koordination und Flexibilität. Aber so kann der junge Mensch Spiele, Erfahrung und eben Punkte und Tore sammeln.
Unterm Strich ist das moderne Eishockey auch Einzelsport, das gilt speziell für die Torhüter. Zwei Vereine sollten zusammenarbeiten. Die Bundesliga sollte dann solche Talente wirklich beobachten und ab und an mutig hochziehen, nicht nur in die vierte Linie.
Wir kennen es zur Genüge, wenngleich die wenigsten die rechtlichen Details der internationalen Drafting- und Agentenverträge im Detail verstehen (die Komplexität ist ja ein Teil des Spiels): Ein sehr junger Spieler bekommt eine Chance in Skandinavien oder gar in der NHL. Scheinbar wechseln in diesem Moment alle „Recht an dem jungen Sportler“ in die USA bzw. zu den ominösen Agenturen.
Der Topspieler kann es mit Glück schaffen wie Marco Rossi, aber der Weg ist superhart. Rossi, der höchst talentierte Vorarlberger, hatte vor diesem guten Jahr in Minnesota lange mit seinen Krankheiten und Verletzungen zu kämpfen, im Übrigen werden die Wilds dieses Jahr möglicherweise nicht ins NHL-Playoff schaffen. Die meisten müssen dann auf Kosten der Eltern aber getrennt von diesen in harten unteren Ligen in Skandinavien, USA oder Schweiz das Brot verdienen und warten, bis ein Topclub anruft. Meist kommt der Anruf nicht.
Nur die NHL als das ultimative Ziel?
Ist die NHL wirklich das ultimative Ziel oder wäre eine Karrierechance in der Schweiz, in der DEL oder im benachbarten Tschechien nicht genauso schön. Auch finanziell wird der Unterschied kleiner, zumal viele eine weitere große Krise in den Finanzen der NHL-Großclubs erwarten.
Geht der Spieler zurück nach Österreich, wird es erst richtig kompliziert und fast schon absurd. Denn rechtlich ist der Kandidat schon längst Amerikaner oder Schwede. Und der Club, der ihn mal ausgebildet hatte, muss ihn quasi zurückkaufen.
Vor allem die Eltern, die ja den Hauptaufwand finanziell getragen hatten, sind völlig Rechtelos. Ja, und die Rechte und der Wille des Menschen selbst sind wohl auch nicht besonders berücksichtigt.
Man muss festhalten, dass dieses Unwesen in allen Sportarten zunimmt. Tennis ist beim Einstieg in die guten Turniere nur mehr ein Sport für Reiche. Selbst im europäischen Fußball gehen Talente an Universitäten und Colleges in die USA (wo der Sport sekundäre Bedeutung hat), weil dort die Trainingsbedingungen und Vertragswerke besser sind. Wie gesagt, wenn sie zurückkommen, muss mit dem internationalen Agenten verhandelt werden! Dieses Paradoxon muss man brechen.