Am 1. Mai bebte das Wörthersee Stadion in Klagenfurt, und das lag ausnahmsweise nicht an Pyro, Rapid-Fans oder Wiener Grantlern. Nein, es war der RZ Pellets WAC, der mit einem 1:0 gegen den TSV Hartberg erstmals den österreichischen Cup in die Kärntner Höhe reckte – und das vor über 20.000 Zuschauern. Manch einer wird sich jetzt wohl ein bisschen verschlucken: Wie bitte? So viele Leute bei einem Spiel ohne Salzburg, ohne Sturm, Rapid, ohne Austria?
Gattermayers goldener Moment
Es war die 77. Minute, als ein gewisser Angelo Gattermayer – bisher wohl eher Stammgast in Fußball-Quizfragen als in Schlagzeilen – zum Helden wurde. Nach einer präzisen Flanke von Ervin Omic stieg er in den Klagenfurter Abendhimmel und köpfelte den Ball ins Hartberger Netz. Ein Kopfballtor, wie aus dem Fußball-Lehrbuch. Und plötzlich wurde es laut. Sehr laut.
Wer behauptet hatte, dass dieses Finale „niemanden interessiert“, dürfte spätestens da gemerkt haben: Manchmal schreiben die kleinen Klubs die großen Geschichten.
Von Spott zu Stolz – und ein kräftiger Seitenhieb
Noch Tage vor dem Anpfiff spottete man landauf, landab über dieses „Dorfclub-Finale“. Keine großen Namen, keine Mega-Millionen-Budgets, keine Pyro-Choreos. Nur Hartberg gegen Wolfsberg. Die Quotenexperten meinten: „Da kommen keine 3.000 Leute.“ Die Realität? Über 20.000 Fans, gute Stimmung, kein Skandal – und vor allem: Fußball, wie er sein soll.
Ein Kommentar brachte es auf den Punkt: „Warum stehen dann die sogenannten ‘Dorfclubs’ im Finale, und die ach so mega Mannschaften schauen im Fernsehen zu?“ – eine Frage, die sich nicht nur Sturm- oder Austria-Fans stellen sollten. Vielleicht liegt es daran, dass in Wolfsberg und Hartberg einfach besser gearbeitet wurde?
Klare Worte von den Rängen
Die Kommentarspalte nach dem Spiel liest sich wie ein Spiegelbild der österreichischen Fußballszene: Zwischen gönnender Euphorie und grantelnder Großstadtmelancholie. Ein Rapid-Fan gesteht: „Ich gönn’s ihnen von Herzen.“ Ein anderer klagt: „Du kannst net an Dorfklub mit unseren Mannschaften vergleichen.“ – Aha. Vielleicht nicht, aber die Dorfklubs spielen Finale, die Stadtklubs spielen Ausreden-Bingo.
Und dann war da noch der Satz, der die Fan-Realität entblößt wie ein schlechtes Abwehrverhalten: „Eine Stadt wie Wien mit fast 2 Millionen Einwohnern bringt auch nur 20.000 Leute ins Stadion – das ist eigentlich traurig.“
Die Geschichte ist noch nicht zu Ende
Die Party des WAC könnte sich sogar fortsetzen: In der Meisterschaft liegt das Team von Trainer Dietmar Kühbauer nur drei Zähler hinter den Spitzenreitern Sturm Graz und Austria Wien. Mit etwas Glück – und dem richtigen Timing – könnten die „kleinen“ Wolfsberger also auch noch den ganz großen Coup landen: Cup- und Meistertitel in einer Saison. Ein Szenario, das sich wohl nur die kühnsten Kärntner Fußballromantiker auszumalen wagten.
Fazit: Wenn “Dorfklubs” träumen dürfen
Was bleibt nach diesem Cupfinale? Ein Pokal in Wolfsberg. Ein Kratzer im Ego der etablierten Klubs. Und die Erkenntnis, dass man den Fußball vielleicht nicht immer nach Zuschauerzahlen, Pyroshows oder Instagram-Followern bewerten sollte. Manchmal reicht ein Kopfball in der 77. Minute.
Was denkst du: Ist das die Wende im österreichischen Fußball oder nur ein märchenhafter Ausreißer?