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[et_pb_column type=“4_4″][et_pb_text admin_label=“Text“]Dietmar Wuksch – Betrachten wir den Spitzensport im österreichischen Eishockey nach der Saison 22/23. Vergessen wir nicht, dass es darunter im Breitensport noch Hunderte weitere Vereine gibt.
Vereinsdichte im österreichischen Spitzeneishockey
• ICE hat 13 Vereine, 8 Österreicher: das sind die sehr reichen Clubs Salzburg (mittelfristig wohl eine Alleinstellung in Österreich wie im Fußball), Wien und KAC und die weiteren Traditionsclubs Linz, Villach, Innsbruck und Graz und mit etwas Abstand Vorarlberg (historisch mit viel Potenzial, wenn wirklich die VEU das Vorbild wird).
• Die ALPS (AHL) hat 15 Teilnehmer, davon 7 Österreicher, wobei KAC, Salzburg und Linz richtige Farmteams stellen. Die arrivierten Teilnehmer Österreichs sind Zell, Kitzbühel, Lustenau und Bregenzerwald. Man könnte diese Gruppe ergänzen um das notwendige Farmteam von Wien und ein Farmteam aus Graz.
• OEL (die dritte Liga) hat 18 Vereine. Diese Clubs sind sortiert nach Regionen wie folgt: Hohenems, Kufstein, Kundl, Wattens, VEU Feldkirch, Innsbruck II; Kapfenberg, Zeltweg, WEV, Dukes Graz, ATSE Graz, Gmunden; Steindorf, Althofen, Spittal, VSV II, Velden, Huben.
ÖEL – Zuschauerinteresse steigt
Die OEL funktioniert immer besser und wird von den Zuschauern angenommen: Wattens hatte letztes Jahr in den Drittliga-Playoffs 2800 Zuschauer! Hohenems heuer 2200 Zuschauer. Spiele mit 500-1200 Zuschauern sind in der 2. Saisonhälfte in der OEL die Regel.
Die Fans wollen die Spiele in der Region mit Spielern, die man persönlich kennt. So viele gute Vereine gab es noch nie in Österreich, das ist bestimmt deutlich besser als in Frankreich, Norwegen, Dänemark oder Weißrussland, um einige A-Nationen zu nennen, die man weit hinter sich läßt.
Das ist richtig A-Klasse Niveau. Österreich liegt im Eishockey damit bezogen auf die Vereinsstruktur deutlich besser als zum Beispiel 1995.
Eigene Liga – Optimierung gefragt
Es gilt also jedenfalls, nur als Backup: Österreich kann locker, z.B. wenn die Jahre der Wirtschaftskrise noch anhalten, eine eigene Liga spielen, aber andererseits ist es mit Bozen und Fehervar doch lustig und der nachbarschaftliche Aspekt hat viele Vorteile (Gedankensprung: früher oder später sollte man gemeinsame A-Weltmeisterschaften anstreben, da dies sukzessive auch die notleidende Infrastruktur der Hallen verbessert.
Mittelfristig möglich ist eine IIHF-A-WM in Budapest-Wien oder Wien-Budapest vor 2029)! Die Frage ist berechtigt, ob man die Struktur der Ligen als Optimierung nicht anders schneiden sollte mit folgenden Zielen
- Förderung der Junioren und Nachwuchsspieler generell
- Budgetsicherheit für alle Vereine (weniger Imports; Beherrschung der Reisekosten; Einkaufsgenossenschaft für Energie). Wir sind in einer Wirtschaftskrise, alle Vereine sollten sinnvoll „abrüsten“. Das kommt auch beim Zuseher gut an.
- Attraktive Spiele in den Regionen für die heimischen Besucher
Sparen – Vorbild Phil Lukas
Man sollte sich keiner Illusion hingeben. Ich selbst beobachte das österreichische Eishockey intensiv seit 1978. Die Diskussion über „zuviel Ausländer“ gibt es seit damals, seit der berühmten Ära der ersten Austrokanadier.
Mittlerweile sind offensichtlich die Strukturen der Agenten, Vermittler und Manager und der Trainer zu gut vernetzt und gewachsen, als dass man hier zu einer schnellen Änderung wie in der Schweiz kommen kann.
Zum letzten Aspekt ist es ein Highlight der Saison 22/23, dass Phil Lukas in Linz beweisen konnte, wie ein österreichischer Trainer Erfolg erzielen kann.
Der Schweizvergleich ist unsinnig
Andererseits muss man objektiv den Anspruch aufgeben, mit den wirklich reichen Ligen wie Schweizer NLA oder deutscher DEL mitzuhalten. Von Skandinavien, KHL oder Nordamerika ist ganz zu schweigen. Vergleichen wir das sportliche Niveau, die Infrastruktur der Hallen, die Medienwelt und die Budgets, dann ist die derzeitige ICE eher auf dem Niveau der DEL2 und der zweiten Schweizer Liga. Das schließt nicht aus, dass die Topclubs wie Salzburg, Bozen oder KAC dort auch eine Saison mithalten, vergleichbar einem Aufsteiger. Durch Covid ist die Schere zur DEL bspw. wohl eher größer als kleiner geworden.
Keine Österreicher – ja warum denn?
Die „General Manager“ der Topclubs sagen in Interviews seit Jahren, es gibt zu wenige gute einheimische junge Spieler. Man muss halt auch mal einen von unten hochziehen (woher kamen seinerzeit Leute wie Kerth oder Brandner) und dem Junior 1-2 Jahre eine Chance geben, nicht nur in der vierten Linie. Wir haben ein Henne-Ei Problem und was nun noch verschärfend dazu kommt: die Junioren gehen früh nach Skandinavien oder an US-Colleges (weil zuhause der Weg versperrt ist!).
Fallbeispiele Kapfenberg und Huben
Kapfenberg hat einige Topspieler für den österreichischen Eishockeysport hervorgebracht, alle österreichischen Fans erinnern sich gerne an Werner Kerth und Christoph Brandner und viele andere. Die neue Halle hätte das Ambiente eines Bundesligaclubs, mehr als 4000 Zuschauer mit optimaler Sicht, das gilt nicht für alle Hallen in der ICE.
Am 4. Mai testet deshalb das österreichische Nationalteam im Zuge der WM-Vorbereitung in der neuen Kapfenberger Eishalle gegen die Slowakei (Video unten). Dass Kapfenberg wieder einen Bundesligaverein stellt, wird angesichts der bewegten Geschichte eher schwierig. Außer, es ändert sich etwas in der Gestaltung der österreichischen Eishockey-Ligen. Eine kompakte zweite Liga scheint im nächsten Schritt denkbar.
Der äußerst beliebte Osttiroler Club im kleinen Huben hat den derzeit wohl zuverlässigsten Verteidiger Österreichs geformt, Clemens Unterweger, dessen Vater noch immer den sympathischen Club in Osttirol führend mitgestaltet und sich sogar regelmäßig selbst auf die Eismaschine setzt. Welch schöne Geschichte für das österreichische Eishockey. Clemens wird früher oder später im Team oder bei einem Topclub sein Initial auch auf der Brust tragen, um diese Geschichte abzurunden.
Die Ligen im Spitzensport neu schneiden?
Die Profiliga (nennen wir sie ALPS-Hockey League = AHL statt ICE, das werden auch die Amerikaner, Osteuropäer und Skandinavier eher verstehen. ICE verbindet jeder mit einer Eisenbahn) sollte schon 14 oder 16 Mannschaften haben, 8-12 aus Österreich. Wobei ein Grunddurchgang über 50 Partien mühsam wird, andererseits kann man dann doch mit mehr Jugend spielen, Viertelfinale geht auch mit „best of Five“. Man kann sich da was überlegen. Andere Länder haben die Formate mit 14 bzw. 16 Vereinen.
Benchmark für das Budget der Mittelklasse
Um die Znaimer, die mit einem Budget von ca. 1,3 Mio EUR attraktives und offensives Eishockey spielten, ist es immer noch schade. Libor Sulak, der vor einigen Jahren in Znaim ausgebildet wurde, ist wohl der einzige Spieler der Ära EBEL/ICE, der bisher richtiges Weltklasse-Niveau erreicht hat.
Mit diesem Budget waren die Mähren immer im Playoff und hatten eine gute Fan-Gemeinde im Waldviertel. Übrigens ist es eine auffällige Struktur-Schwäche des österr. Eishockey, dass es nördlich der Donau (also nördlich der Achse Linz-Wien) keine arrivierten einheimische Vereine gibt. Jesenice spielt an sich gutes Eishockey, warum der Aufstieg nicht klappt, ist für den Beobachter nicht nachvollziehbar.
Man sollte, auch wenn es aussichtslos ist, nochmals an die General Manager der Topclubs appellieren, gerade im Bereich Imports abzurüsten. Eine Teilnahme an der Liga mit einem Budget von 1,5 Mio EUR muss für ärmere Clubs machbar sein. Synergien bei Reisekosten sollte man durchrechnen. In Zeiten wie diesen werden Energiekosten wichtiger, da gibt es interessante Modelle.
Gewisse Aufgaben wie digitaler Auftritt, Streams und vor allem Schiedsrichter könnten wieder vom Verband beigesteuert werden, was für die Vereinsbudget eine Entlastung bringen sollte.
Solide zweite Liga mit ca. 30 Spielen pro Saison
Schauen wir nochmals auf die Vereinsliste oben, dann können locker 20 Vereine in Österreich gefunden werden, die an einer breiteren zweiten Liga Interesse haben sollten, wenn machbare Budgets gedeckelt werden. Die Reisekosten werden immer höher, eventuell kann man gemeinsam die Stromkosten optimieren, dafür gibt es derzeit viele gute Förderungen und Modelle.
Logisch wären zwei Divisionen Ost und West wie international üblich.
Um den Spitzensport auch für Halb-Profis zu ermöglichen, sollte die Anzahl der Spiele in der Saison 24-35 erreichen. Die Busfahrten andererseits muss man minimieren. Erinnern wir uns, dass bis 1990 Top-Spieler wie Pöck, König oder Peter Raffl alle einen Zweitberuf zusätzlich zum Hockey hatten.
Freilich muss man auch hier die Budgets mit Hilfe des Verbandes limitieren. Die Italiener, Ungarn und Slowenen spielen ggf. in eigenen Ligen, was nicht heißt, dass man sich unterstützt, und dass es fallweise auch Ausnahmen und Gäste geben kann.
Die Aufsteiger gehen in die Topliga AHL. Für den Beobachter lässt sich mit Kopfrechnung schwer nachvollziehen, wie die Teilnehmer der jetzigen Alps-Liga wirklich die schwarzen Zahlen halten.
Ein Junior muss spielen, spielen, spielen,- Punkte sammeln, und: weniger busfahren.
Und ist es für Junioren wirklich ein Ziel, im Winter Hunderte Stunden im Bus zu sitzen? Um dann in einer Punkteliste in einer doch anspruchsvollen und defensiven Liga 5-10 mal anzuschreiben. Motiviert das? Wie viele Spieler kommen wirklich von der Alps in die ICE nach bzw. schaffen es in eine andere Topliga.
Wie war es früher: ein Thomas Cijan oder auch noch die Ära Koch und Kalt: diese jungen Spieler wurden mit 16 in die Erste hochgezogen. Die schossen vorher 30-60 Tore in den Jugendjahren und genau das formte das Selbstbewusstsein.
Niemand wird gegen die alten ausgefuchsten Profis von Cortina oder Meran zum Topscorer.
Keine Spielpraxis – Abwanderung
Andererseits: immer öfter ziehen die besten Jugendspieler sogar von den Bundesligaclubs weg. Sie gehen nach Skandinavien oder an die Colleges in USA. Damit sind sie für Österreich sehr oft ganz verloren.
Wenn sie doch zurückkehren, sehr teuer, über Vermittlung der erwähnten ausgefuchsten Agenten, die seit Jahrzehnten „die Kontakte haben“.
Wie entwickelt sich die ICE weiter
Salzburg, Wien, KAC und Bozen spielen vom Budget her sowieso in einer eigenen Liga und machen den Meister unter sich aus, zumindest auf Sicht der nächsten Jahre. Es ist eher zu erwarten, dass die Roten Bullen vergleichbar dem Fußball nochmals davon galoppieren.
Es wird spannend, wer sich für die Saison 23/24 wirklich bewirbt, und ob alle Organisationen aus den letzten Saisonen durchhalten. Die Pioneers hinken dem Niveau von Dornbirn deutlich hinterher.
Pustertal hat eine offensiv attraktive Mannschaft, konnte aber mit dem Erfolg im ersten Jahr nicht mithalten. Laibach brach ein, usw. Es zeichnen sich viele Probleme ab. Die Wirtschaftskrise kann sich bis 2030 nochmals verstärken, das sollten wir nicht vergessen.
Puls24 als Medienpartner bemüht sich. Die Erinnerung an die EBEL bringt auch die Reminiszenz der professionellen Vermarktung durch ServusTV, was jedenfalls eine andere Klasse war, bei aller Wertschätzung für das kleine, engagierte, kompetente Team von Puls24.
Der Medienwert von Eishockey in Österreich wird faktisch nur steigen, wenn die Nationalmannschaft länger in der A-Gruppe bleibt. Denn die Identifikation der Leitmedien und Werbegebern findet, vergleichbar anderen Sportarten, nur über das Nationalteam statt.
Die Zusammenarbeit von Ligen und Verband muss optimiert und friktionsfrei sein. Das ist in Skandinavien und in der Schweiz ganz natürlich. Nur dann berichten Leitmedien wie ORF, Servus, Styria, Krone… regelmäßig über Eishockey.
Resumee in einem Satz: in wirtschaftlich harten Zeiten müssen Verband, Nationalteam und die Ligen wirklich zusammenhalten und in eine Richtung ziehen.
Bericht: Eishalle Kapfenberg, Traditionsclub in der OEL, nun mit Bundesliga-Infrastruktur
https://www.youtube.com/watch?v=-6gpCkvboQU[/et_pb_text][/et_pb_column]
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Sehr treffend formuliert!
Ich bin auch schon über 40 Jahre im Eishockey involviert, die Hoffnung auf Besserung stirbt zwar zuletzt, der Patient ist jedoch schon klinisch tot.
Noch schöne Ostern